Abriss der Geschichte der Orgel in der St. Kunigundenkirche

Die Hauptbauzeit der Kirche endet 1476. Eine Wechselburger Klosterrechnung von 1489 könnte vermuten lassen, das auch eine Orgel gebaut wurde, belastbar ist dies aber nicht. Die erste nachweisbare Orgel entsteht im Jahre 1515. 1593 kam es zu einem grundlegendem Umbau der Orgel. Die damals in Rochlitz residierende Kurfürstin Witwe Sophia gilt als Mitinitiatorin des Vorhabens. Ausführender war Johann Lange (1543-1616). Lange, seit 1576 in Kamenz ansässig, lernte bei der bedeutsamen Orgelbauerfamilie Scherer in Hamburg. Der Orgelbau ging in zwei Etappen vor sich, einmal von 1593-94 und dann von 1605-07. Für das Gehäuse (Spätrenaissancestil) wurden Teile der alten Orgel verwandt. Die Orgel verfügte über zwei Manuale und Pedal (Koppel des Grobgedackts). 

Am 14. Februar 1714 machte der Organist Christian Gerlach eine Eingabe den Rat und wies auf die große Schadhaftigkeit der über zweihundertjährigen Orgel hin - ein Fingerzeig auf die Verwendung von Teilen der Orgel von 1515. Umgehend wird Gottfried Silbermann kontaktiert. Dieser, mit dem Abschluss der großen Freiberger Domorgel beschäftigt, verspricht, sich die Orgel in Rochlitz anzuschauen. Dazu ist es leider nicht gekommen, die Gründe hierfür sind unklar. Vier Jahre später - auf eine erneute Klageschrift hin - wird Johann Jacob Donati (1662-1750) zur Begutachtung geladen. 1719 erhält der Döbelner Orgelbauer Johann Gottlieb Döltzsch den Auftrag zum Umbau der Orgel. 1732 werden von Döltzsch nochmals Arbeiten vorgenommen. Diese Orgel wird nun bis 1862 in der Kunigundenkirche stehen. 1809 von Orgelbauer Hesse aus Lunzenau ausgebessert, nehmen die Probleme mit der Orgel zu. Obwohl seit 1844 der Orgelbauer Wilhelm Eduard Schmeisser in der Rochlitzer Hauptstrasse Nr. 5 seine Werkstatt angesiedelt hat, tut sich aber nichts.

Wilhelm Eduard Schmeisser (geb.1817 in Glauchau) hatte das Orgelbauerhandwerk bei Johann Andreas Hesse in Lunzenau gelernt. Die Niederlassung in Rochlitz hängt wohl auch mit der Hoffnung zusammen, den Auftrag für den Neubau der Orgel in der Kunigundenkirche zu erhalten. Er musste fast zwanzig Jahre warten, bis er ein Angebot zum Neubau abgeben konnte. Am 6. Mai 1861 legt er einen Anschlag zur Orgel vor. 2950 Taler sollte die Orgel kosten. Das Werk umfasste 28 klingende Register auf zwei Manualen und Pedal. Sie wurde im Dezember 1863 im Mittelbogen der Turmempore fertiggestellt. Die Orgel hat eine recht kurze Bestandszeit. Schon 1911 wird ihr vom Leipziger Orgelsachverständigen Musikdirektor Heynsen ein trauriges Zeugnis ausgestellt: er empfiehlt den Abriss und den Neubau einer etwas gleich großen Orgel. Extrem stark vom Holzwurm zerfressen und so stark verschmutzt, lohne eine Reparatur nicht. 

Die Firma Schmeisser steht nun mit Alfred Schmeisser in der dritten Generation. Er sieht nun die Gelegenheit, für seine Heimatstadt ein großes und repräsentatives Orgelwerk zu errichten, das von den handwerklichen und künstlerischen Fähigkeiten seines Erbauers kündet. Alfred Schmeisser reicht 1912 ein erstes Angebot für eine neue Orgel beim Kirchenvorstand ein.

Als Berater wird der Leipziger Orgelvirtuose Karl Straube hinzugezogen. Nach langen und außerordentlich aufreibenden, ja für den Orgelbauer Schmeisser existenzbedrohenden Querelen, die aus dauernden Umbauwünschen und vor allem aus den Umständen des 1.Weltkrieges herrühren, wird die Orgel 1920 aufgebaut und am Reformationstag geweiht.

Die Orgel ist für Alfred Schmeisser ist eine schwere Geburt. Er selbst schreibt davon, dass sie ihm viele schlaflose Nächte gekostet habe. Seine Rechtfertigungsschrift von 1921 schließt er folgendermaßen: ”Sonst hat man eine Befriedigung und eine Freude, wenn ein Werk vollbracht ist, bei der hiesigen Orgel ist mir dieses Gefühl noch nicht gekommen, ich meide ihren Klang, wo ich kann, reißt er doch die mir geschlagene Wunde immer wieder auf.“ Trotz aller Schwierigkeiten gelang Alfred Schmeisser mit der Orgel ein bemerkenswertes Zeugnis seiner Orgelbaukunst. 

Die Orgel wurde nur geringfügig geändert. Nachdem die Orgelbaufirma Schmeisser in den siebziger Jahren erlosch wurde die Orgel zunehmend spieluntüchtig. Mit Kantor Matthias Noack begannen im Jahr 2000 erste Sanierungsversuche. Fehlende Finanzmittel verhinderten eine umfassende Reparatur. Erst 2011 konnten Planungen und Ausschreibungen zu einer Sanierung und Wiederherstellung der Orgel beginnen. Die Orgelbaufirma Christian Bochmann aus Kohren-Sahlis erhielt den Auftrag und führte die Arbeiten 2012/13 mit Behutsamkeit und Einfühlungsvermögen aus und wurde auf den Orginalzustand zurückgeführt. Ein schwerer Rückschlag waren die Hitzeschäden durch die hohen Temperaturen 2018. Diese wurden unter großem Aufwand ebenfalls von der Firma Bochmann behoben.

2020 konnte unter Coronabedingungen das 100jährige Jubiläum der Orgel begangen werden. Die Orgel erklingt regelmäßig im Gottesdienst und zu Orgelkonzerten. 

1. Manual

Bordun 16
Prinzipal 8
Hohlflöte 8
Gambe 8
Gemshorn 8
Rohrflöte 8
Octave 4
Fugara 4
Quinte 2 2/3
Octave 2
Mixtur 4fach
Trompete 8 

2. Manual

Gedackt 16
Flötenprinzipal 8
Quintatön 8
Soloflöte 8
Dolce 8
Gedackt 8
Violine 8
Octave 4
Rohrflöte 4
Waldflöte 2
Cornett 2-4fach
Clarinette 8  

3. Manual

Harmonika 16
Geigenprinzipal 8
Aeoline 8
Vox coelestis 8
Salicional 8
Gemshorn 8
Gedackt 8
Prästant 4
Salicet 4
Fernflöte
Piccolo 2
Oboe 8

Pedal

Prinzipalbaß 16
Violonbaß 16
Subbaß 16
Harmonicabaß 16
Quintbaß 10 2/3
Octavbaß 8
Cello 8
Gedacktbaß 8
Italienisch Prinzipal 2
Oktave 4
Posaune 16
Trompete 8

Spielhilfen:

Manualkoppeln II-I, III-II, III-I,
Pedalkoppeln I-P, II-P, III-P,
Superoktav- und Suboktavkoppeln II-I, III-II, Generalkoppel-Tritt
3 freie Kombinationen,
3 feste Kombinationen (p,f,tutti)
Registerschweller (Walze), Jalousieschweller (III.Manual)
Autom. Pedalumschaltung,
Handregister ab,
Walze ab,
16 Fuß ab,
Zungen ab

Harmonikabaß 16 Fuß im Pedal
als Transmission III. Manual

KONTAKT
Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Rochlitz-Wechselburg
KMD Jens Petzl, Kantor
09306 Rochlitz, Leipziger Strasse 26
Strompost: kantor.rochlitz(at)gmail.com

SPENDEN
Mit Ihrer Spende können Sie unsere Arbeit unterstützen.
Spendenbescheinigungen stellen wir Ihnen gern aus.

KONTOVERBINDUNG
Kontoinhaber: Kassenverwaltung Grimma
IBAN: DE08 3506 0190 1670 4091 19
KD-Bank Dortmund
Bitte angeben: RT 2850 + Orgelmusik Rochlitz